Land und Leute von Havanna bis nach Viñales

Unterdessen haben wir die ersten fünf Etappen in Kuba radelnd geschafft und sind für drei Nächte im touristischen Mittelpunkt des kubanischen Westens: in Viñales. Der Weg hierher war abwechslungsreich, zuerst städtisch – bis wir die Agglo Havannas hinter uns hatten -, dann ländlich, einsam, mit wenig Versorgungsmöglichkeiten.

Meer
Meer

Da wir jedoch immer wieder mit Durchfall zu kämpfen hatten, brauchten wir eh nichts ausser Wasser, Coci und Haferflockenguetzli (Salzstengeli gibts hier nicht). Dann wurde es hügelig (und teilweise sehr steil) und landschaftlich sehr schön. Viel Grün, palmenbewachsene Berge, recht gute Strassen mit wenig motorisiertem Verkehr. Pferdefuhrwerke, Velos und Fussgänger hats etliche mehr 😉

Unser Verhältnis zu den Einheimischen ist bisher ein wenig zwiespältig. Einerseits erschwert uns unser mageres Spanisch ausführlichere Unterhaltungen, Englisch läge uns mehr, aber das wiederum ist sehr wenig verbreitet. Und wenn, dann ist es ebenso mager wie unser Spanisch. Anderseits hat die Tatsache, dass sich mit den Touristen leichter und mehr Geld verdienen lässt als in gewöhnlichen Jobs (staatliche Angestellte verdienen monatlich rund 400 CUP, ca. 16 Fr., einem Tourist kann man z. B. für eine Auskunft oder Vermittlung einer Unterkunft locker mal 3 Fr. abknöpfen), wohl etlichen Kubanern nicht gut getan. So muss man auf der Hut sein vor „falschen Freunden“, auf Spanisch „jineteros“ (Jockey) genannt. Sie kommen irgendwo irgendwann auf einen zu, beginnen zu plaudern, fragen woher man komme, was man schon gesehen habe etc. Eine nette Unterhaltung halt. Und als Tourist kommt man ja gern mit Einheimischen in Kontakt. Dann folgt irgendwann eine Einladung zum kubanischen Freund nach Hause, in die Zigarrenmanufaktur des Grossvaters oder eine Empfehlung für ein Restaurant, ein Casa Particular (Privatunterkunft) oder Ähnliches. Nicht fehlen darf auch das beiläufige Erwähnen der tiefen Löhne in Kuba und dass man davon nicht leben kann. Und dass man ohne CUC wirklich nicht leben kann, die Löhne aber in CUP ausbezahlt werden (mehr dazu siehe Blogbeitrag….). Und am Schluss kostet halt die Vermittlung etwas. Oder man fühlt sich als Tourist – besonders als wohlerzogener Schweizer – irgendwie verpflichtet, etwas Trinkgeld zu geben, auch wenn der „Freund“ sagt, es koste nichts. Uns verunsichert das Wissen um die jineteros im Kontakt mit Einheimischen. Nach einem zwiespältigen, negativen Erlebnis sind wir beim nächsten Kontakt abweisend, nach einem positiven wieder (zu) vertrauensvoll.

Frauentalk
Frauentalk

Manchmal nervt es auch einfach, wenn wir z. B. mit den vollbeladenen Velos unterwegs sind und uns einer sein Taxi aufschwatzen will. Oder wenn wir zum x-ten Mal erklären müssen, dass wir bereits ein Casa gebucht haben und kein zweites brauchen. Vielleicht kommt uns hier auch einfach unsere anerzogene Höflichkeit in die Quere und wir sollten diese Leute einfach ignorieren, anstatt ihnen zu erklären, warum wir ihr Angebot nicht annehmen wollen …

Auf jeden Fall haben wir nun aber einen neuen Freund namens Pedro. Er hat bereits Freunde in der ganzen Welt, wir durften seine eindrückliche Visiten- und Postkartensammlung bestaunen. Vielleicht kennen wir ja jemanden. Sein Vater hat eine Zigarrenmanufaktur zuhause, er selber arbeitet für eine staatliche Naturschutzorganisation und ist Führer im kleinen Nationalpark in der Gegend und verdient fast nichts. Jeden Tag muss er viele Kilometer mit dem Velo zurücklegen für seine Arbeit und jetzt hat er dann grad ein nationales Meeting in seiner Stadt mit Leuten seiner Organisation. Aber er kann gut noch kurz mit uns mitradeln bis zum Nationalpark. Natürlich sind wir dann ganz frei, diesen zu besuchen oder auch nicht. Okay … Dort angekommen sind wir wirklich frei, aber wenn wir schon hier sind und einen persönlichen Guide haben, warum auch nicht? Der Eintritt kostet 5 CUC pro Person, das ist auch so angeschlagen am Eingang. Wir bezahlen der Dame an der Kasse. Dass wir kein Ticket kriegen, fällt uns erst im Nachhinein auf. Haben sich die beiden das Geld geteilt? Wenn ja, ist schon je ein Zustupf in der Höhe eines Drittels ihres Monatslohns beisammen. Pedro zeigt uns den Park, erzählt von den Zuständen in Kuba und dem dringend notwendigen Wandel, der hoffentlich kommen wird, wenn die neue Regierung gewählt ist etc. etc. Irgendwann muss er dann gehen, weil eben sein Meeting bald beginnt. Zurück beim Eingang fragen wir, ob und was die Führung denn koste. Er meint, das sei unser Entscheid, wir müssen ihm nichts geben, wir seien ja seine Freunde. Aber irgendwie macht er es so geschickt, dass wir es nicht schaffen, ihn ohne Trinkgeld gehen zu lassen. Natürlich ist das unser Problem, aber …

Am Vorabend hatten wir übrigens 20 min vor unserem Hotel auf Pedro gewartet, um seinen Vater zu besuchen und uns zeigen zu lassen, wie man eine Zigarre macht. Pedro tauchte nicht auf. (Was uns übrigens nicht ungelegen kam, da uns die Sache bereits ein wenig „Spanisch“ vorkam). Am nächsten Morgen jedoch steht er ganz zufällig genau vor unserem Hotel als wir rauskommen. Wie lange er wohl dort gewartet hat? Oder hat er einen zuverlässigen Freund unter dem Hotelpersonal? Und zum Vorabend sagt er felsenfest überzeugt, er habe ab Punkt 18 Uhr sicher 5 min gewartet, aber wir seien nicht gekommen. Welcher Kubaner ist pünktlicher als zwei Schweizer, die um 18.03 auftauchen und gibt so schnell wieder auf?

Tja so viel zu unserem amigo Pedro – von uns hat er jedenfalls keine Visitenkarte zum Bluffen! Sorry, Pedro, nice try! 😉

Heute haben wir mit zwei Radlern aus dem Vorarlberg Znacht gegessen. Wir hatten sie schon auf unserer zweiten Etappe angetroffen und zufällig haben sich hier in Viñales unsere Wege wieder gekreuzt. Interessanterweise kennen sie unseren Freund Pedro auch. Pedro hat es sogar geschafft, dass sie die Zigarrenmanufaktur seines Vaters besichtigen. Dabei konnten sie sich knapp wehren, ihm eine ganze Schachtel Zigarren für (zuerst) 30 oder (Freundschaftspreis) 25 CUC (= Fr.) abzukaufen. Das Vorführmodell haben sie ihm aber abgekauft, obwohl sie gar nicht rauchen. Wir haben beim gegenseitigen Erzählen auf jeden Fall darüber gelacht.

In Pinar del Rio wurden wir von unserem Gastgeber mit dem für uns lustigen Namen Handy und seinem Zimmer positiv überrascht. Das Zimmer ist ganz neu, oben auf dem Dach des Hauses und wunderschön. Alles haben er und seine Frau bis ins Detail durchdacht, eine laminierte Karte für alle seine „Services“, der Kühlschrank voller Getränke zu günstigen Preisen. Er selbst sehr hilfs- und dienstbereit, aber zurückhaltend und das Essen vielfältig, sehr lecker und günstig. Das war wirklich liebevolle, perfekte Gastfreundschaft wie aus dem Lehrbuch.

auf dem Dach
auf dem Dach
sehr schönes Zimmer
sehr schönes Zimmer

Unser Casa hier in Viñales ist eher von der einfacheren Sorte. Jedoch sind die Vermieter sehr hilfsbereit. Aus der Dusche kam nur kaltes Wasser – flugs wurde ein Elektriker (bzw. der Nachbar, der einen Schraubenzieher besitzt) organisiert. Bei der neuen Durchlauferhitzer-Duschbrause darf man nun zwar die Temperatur nicht mehr verstellen, aber das Wasser ist schön warm. Am zweiten Abend führte eine breite Ameisenstrasse an unserem Türpfosten entlang ebenso war das Bad von Riesenameisen bevölkert – mit Spray, Alkohol und Schrubber wurde die Tierchen ohne Zögern beseitigt. Ebenso kam nun aus der Dusche und dem Wasserhahn kein Wasser mehr. Der Enkel, der zwar im Hinterhof gerade mit seinen Kollegen Geburtstag feierte, kletterte schnell aufs Dach, um den Grund zu suchen. Der Wassertank war leer. Die hauseigene Pumpe wurde angeworfen, die aus der Wasserversorgung Wasser in den Tank auf dem Dach pumpt. Und nur eine Viertelstunde später konnten wir duschen! Die Jugendlichen von der Geburtstagsparty waren auch sonst sehr offen und freundlich. Sie boten uns Bier, frischen Fisch und frittierte Schildkrötenfleischbällchen an und wollten, dass wir mitfeierten.

Duschbrause
Duschbrause

So unterschiedlich erleben wir die Menschen in Kuba … Und wenn wir bedenken, wie das Leben hier ist, können wir es den Schlitzohren-Amigos auch nicht nur übelnehmen, dass sie sich lieber mit den Touristen beschäftigen als in einem staatlichen Job zu arbeiten oder sich selbständig zu machen (was heute bereits in rund 180 Geschäftsfeldern erlaubt ist).

Einige Fotos aus dem Gebiet des Viãles-Tales

Das Tal hier ist mit seinen Kalkhügeln, sogenannten Mogotes eine einmalige Landschaft. Durch das auswaschen des Kalkes enstehen viele Höhlen, einige davon kann man auch besichtigen. Die Fotos geben einen kleinen Einblick:

Noch einige Föteli von unterwegs

Karte