Kaum sprechen wir fliessend Spanisch, stellen die auf Geheimsprachen um!

Nach Teruel sind wir ein letztes Mal über 1000 m geklettert und haben den Pass Puerto del Escandon überquert. Die Hangneigung dahinter führte uns ans mittlere der Meere (oder hats da ein Mittel drin?). Valencia empfing uns, bevor wir dann den Costas Diversas entlang nach Barcelona aufwärts fuhren. Die haben uns mit ihren Sprachen ganz schön verwirrt. Um den Beitrag etwas authentischer lesen zu können, bitte einige Tropfen Orangeblütenextrakt auf den Handrücken reiben.

Ans Meer in zwei Tagen

Das Meer machte uns schon bizli gluschtig, gerade nach dem Schneefall und dem zwei Tage lang etwas trüben Wetter (das ist Jammern auf sehr hohen Niveau!) Mit jedem Höhenmeter wurde es auch wärmer. In Teruel trafen wir übrigens noch zwei Schweizer, die ebenfalls mit dem Velo unterwegs waren. Im Gepäckvergleich sah es so aus, als ob wir umziehen würden, während sie ein kleines Tagestürli machten. Wir froren aber weniger mit unserer Ausrüstung. Die Strecke ans Meer ist mehr oder weniger mehrheitlich eine alte Eisenbahnstrecke für Eisenerz, bei der das Eisen entfernt wurde (via verde de Ojos Negros).

Und irgendwann im letzten Drittel setzten die blühenden, fast ohrenbetäubend fein riechenden Orangenplantagen ein. Für uns als Botanikbanausen, (ausser Peddalington, der wusste es natürlich) war erstaunlich, dass die Bäume blühen und gleichzeitig Orangen tragen. Nicht alle, aber viele der Bäume.

riechst du es?
Riechst du es? – Albalat dels Tarongers, Spanien

Daneben gab es dann auch Mandel- und Avocadoplantagen, die aber duftmässig ziemlich still waren.

Mandelbaum
Mandelbaum – La Estación, Spanien

Und dann war es da, das Mittelmeer: gross, weit und noch kühl. Dafür aber noch ohne Fettaugen von Sonnencreme. So sieht es aus, für diejenigen unter euch, die das nicht (mehr) wissen:

Valencia

In Sagunto bleiben wir zwei Nächte und fahren mit der S-Bahn, sprich Cercania nach Valencia. Die Infrastruktur lässt uns erahnen, dass es irgendwann sehr viele Touristen haben wird – noch mehr als jetzt. Für uns, die gerade aus der Einsamkeit kommen, ist die Menschenansammlung fast zu viel. Und das schlimmste ist, dass wir so ohne bepackte Velos, ganz normale Touristen sind: mit Sonnenbrille, Schweizer Werbedächlikäppli, Sandalen mit Socken, umgehängtem Fotiapparat mit Objektivrohr bis zu den Knien den Einheimischen im Weg stehen. Das stimmt natürlich nicht, wir verhalten uns unauffällig, essen was man so isst als Aborigines, sprechen ausschliesslich Spanisch und blicken überaus kompetent in die Welt hinaus. Nur das mit dem Spanisch ist so eine Sache. Das versteht man hier zwar, aber die wissen – zack, das sind Fremde, die können kein Valencianisch! Valencia geniessen wir aber trotzdem und ihr jetzt auch:

Dem Meer entlang

Die Strecke dem Meer entlang Richtung Barcelona ist eine mehrdimensionale Kneippkur. Einerseits menschenleere Natur, die wir mit Hasen, Vogelarten und Pflanzen teilen, dann wiederum touristische Flecken mit jetzt zwar noch mässig vielen Leuten, aber doch genug, um zu erahnen, wie das in der Saison aussieht. Andrerseits ist es nicht so flach, wie das Meer. Nicht, dass wir Berge nicht gewohnt sind, aber die haben so Täler ohne Brücken, die unten eine Furt haben und die Enden haben so 15 % Gefälle/Steigung. Durch die unebene Stelle ganz unten, nützt der Schuss bergab nichts, weil du da mit Schuss nicht drüber willst. Du stündest mit einem Velobausatz da! Immerhin ist das Timing recht gut. Einige der Durchfahrten waren nämlich gesperrt, während und kurz nach der Schlechtwetterfront. Lustig ist auch das valencianische Wort für diese Durchfahrten:

Dies und Das

Zeltnacht

Erzählt es bitte niemandem: wir haben bis jetzt erst einmal unser Zelt aufgestellt 😱. Also zuerst hatte es ja keine Zeltplätze, dann war es zu kalt und dann aber wollten wir wirklich zelten: Es fand sich ein solcher Platz in geeigneter Distanz, der auch noch mit velofreundlich betitelt war. Die Rezeption ist in der geraden Woche am Morgen und in der ungeraden Woche am Nachmittag besetzt. Genau, so haben wir auch geguckt. Wir konnten aber einchecken und uns einen Platz aussuchen. Neben freilaufenden Hunden hatte es auch einige Leute auf dem Platz und, kaum stand unser Zelt, waren schon ziemlich viele Mücken am Andocken. Von weitem dachte man wohl, wir würden Salsa oder Tango üben. Und der Hunger war übrigens auch da, ziemlich gross, also haben wir gut geplant, mit

  • Duschen Person 1 und
  • Person 2: Mise en place für den Znacht, dann
  • Duschen Person 2 und
  • Person 1 kochen auf dem Benzinkocher

Der letzte Punkt scheiterte daran, dass der Kocher in der Pumpe einen Riss hatte und das Kochen auf grosser Flamme vermutlich den Pinienwald ruiniert hätte (im Nachhinein wäre damit aber das Mückenproblem beseitigt worden). Den Znacht gab es dann im nächsten offenen Restaurant im nächsten Dorf. Als wir dann später alleine, also ohne Mücken im Zelt lagen, stellten wir auch fest, dass erstens die Nachbarn ihren knurrenden Hund vor dem Wohnwagen angebunden hatten und zweitens alle anderen ein Vereinsfest feierten. Es war etwas zermürbend, morgens um zwei, die spanischen Witze, immer nur kurz bis vor die Pointe zu verstehen, weil dann schon das Gelächter los ging. Aber Lachen ist ja gesund und man hörte in diesen Momenten das Knurren von Nachbars Perro nicht so gut. Etwas gerädert stiegen wir am Morgen auf unsere Räder.

Vorzüge in der ausgebauten Zivilisation

Mehrfach konnten wir die Cafés am Strand als Drive-in für den Morgenkaffee oder Zmorgen mit Blick aufs Meer geniessen.

Zmorgen-Drive-in
Zmorgen-Drive-in – Alcosebre, Spanien

Auch die Einkaufs- und Weginfrastruktur ist sehr gut, um mit dem Velo unterwegs zu sein. Warum haben wir solche Strassen nicht in der Schweiz?

solche Strassen sind schön: Auto, Fussweg und Veloweg
solche Strassen sind schön: Auto, Fussweg und Veloweg – El Puerto, Spanien

Es gibt aber auch Gebiete, die wohl für eine Feriensiedlung oder Dorferweiterung geplant wurden, nun aber zerfallen:

viele solche Gegenden
viele solche Gegenden – l’Ametlla de Mar, Spanien

Unsere Vorräte haben wir massiv reduziert und die Glace-Kadenz hat zugenommen. Im Bereich von Valencia, auslaufend gegen Norden gibt es übrigens eine typische und feine Glace-Sorte Leche merengada (Milchsorbet mit Meringue, Zimt und Zitronenschale). Auch lecker, wenn wir schon dabei sind, ist Orxata de Xufes (Horchata), ein Milcherfrischungsgetränk aus Erdmandeln.

Menschen

Weiterhin treffen wir viele nette Leute und haben gute kleine Gespräche. Auf der Strasse und Velowegen ist meist ein freundliches Miteinander. Die Touristen trüben manchmal etwas die Situation, wenn sie egoistisch drängeln oder auf ihrem Recht bestehen. Ein Schweizer Ehepaar auf der Strandpromenade (Velo erlaubt). Sie zu ihm: “Pass uf, es chömed Velo.” Er zu ihr: “Mir händ da Vortritt!”. Es hat mich nicht gestört, ich habe mich etwas fremdgeschämt und war nicht genügend schnell für eine schlaue Bemerkung. Und für Einheimische in der Hochsaison könnten solche Leute noch anstrengend sein. Oft mussten wir aber auch schmunzeln. Zum Beispiel, wenn eine Oma mit Enkel spaziert und auf ihrem T-Shirt Destroyer (Zerstörer) steht oder die Frau mit Schlauchbootlippen und anderen “Extremitäten” Trainerhosen mit Authentic trägt. Der Unterhaltungswert darf also nicht unterschätzt werden. Und es ist gut möglich, dass auch über uns gelacht wird. Noch ein Müsterli:

Hund im Tütü – Eixample, Spanien

Nach Valencianisch kommt nun auch noch Katalonisch

Die Sprachen sind sich zwar ähnlich, aber haben auch ganz andere Wörter. Nun in Katalonien ist eben nun Katalonisch dran. Heisst zum Beispiel eine Schreinerei auf Spanisch Carpinteria so ist das auf Katalanisch eine Fusteria. In den folgenden Bildern einige Müsterli:

Und jetzt noch einige Bilder, die zu sonst nichts passen

Videos von unterwegs

Via Verde zwischen Caudiel und Sagunto (alte Bahnlinie)

Die Gallo-Schlucht

Gehört eigentlich zum letzten Beitrag, rein geografisch gesehen.

Karte von Teruel bis Barcelona