Jura, viele Seen und Monsteretappe mit Rückenwind

Nach unserer kleinen Pause im Jurabelle sattelten wir unsere Drahtesel und fuhren los. Der Jura ist länger, grösser und gewellter, als er aus dem fernen Züri Oberland so scheint. Er hat nicht mal Platz in einem Land, so dass sich Frankreich und die Schweiz dieses dauergewellte Stück Land aufteilen. Wie das so aussieht und sich befahren lässt, zeigt dieser Bericht.

Übrigens hatte es im letzten Artikel noch einen Bug 🐞. Die Bilder konnten nicht gross angeschaut werden und die erste Etappe fehlte auf der Karte. Das wurde nun geflickt.

da unten waren wir kurz vorher
da unten waren wir kurz vorher – Foncine-le-Bas, Frankreich

Landschaft

Was soll ich schreiben? Es ist schön hier, hat viel grüne Wiesen, Bäume, kleine Dörfer und Seen. Der Begriff “Hochebene” trifft es aus eigener (Velo-)Erfahrung nicht so ganz. Hoch mag ja noch stimmen, fahren wir doch oft so zwischen 700 m und 1200 Metern über Meer, aber das mit der Ebene ist zumindest irreführend, vielleicht wäre “Hochgewellte” besser oder wir könnten das noch französieren, dann wäre es “Haut-ondulé”.

Starker Rückenwind und bergabwärts fahren ist wunderschön und ich mochte es jeweils allen entgegenkommenden Velölern von Herzen gönnen 🤣.

Aber jede Steigung führt ja auch zu einer Abfahrt und es ist wie im Leben: Wer sich bei jeder Abfahrt freuen kann, auch wenn nachher ein strenger Aufstieg erfolgt, hat eindeutig mehr Freude an der Reise, als die, die sich bei jeder Abfahrt über die verlorenen Höhenmeter ärgern. Und wenn der Wind von vorne kommt, hast du auch in der grössten Steigung das Gefühl, dass du schnell unterwegs bist (und die Haare hast du auch nicht im Gesicht). Dass der Wind hier eine Institution ist, beweisen folgende Ortsnamen (Vent heisst Wind und Bise muss man wohl nicht erklären).

das erklärt den vielen Wind hier
das erklärt den vielen Wind hier – La Vraconnaz, Schweiz

Unsere Reise ging von Tal zu Tal und von See zu See und so verliessen wir fast unbemerkt die Schweiz und mäanderten durch diese Landschaft. Folgende Bilder geben einen Einblick:

Und ein Filmli von einer besonders schönen Strecke im Tal der Bienne:

Weg durch das Tal der Bienne

Sprache

Darüber steht wohl schon einiges in unserem Blog, aber es fällt halt sofort auf, wenn man die Sprachgrenze überfährt. Die reden hier nicht nur französisch, sondern auch noch sehr schnell. Dann hältst du irgendwo und jemand sagt: “Uh-m-uh?” Und du denkst, der sieht nicht aus wie eine Kuh, das sollte wohl was heissen. Entweder meint er “D’où venez-vous?” (Woher kommt ihr?) oder “Où allez-vous?” (Wohin geht ihr?). Beide Fragen kann man übrigens mit Handzeichen kaum beantworten. Aber man gewöhnt sich schon dran. Lustig ist jeweils, wenn wir so richtige Gespräche geführt haben und dann nachher herausfinden, dass wir nicht das gleiche Gespräch geführt haben 😀.

Hilfreich ist es natürlich, wenn Dinge auf Deutsch übersetzt sind und dann auch keine Zweifel mehr vorhanden sind, wie im folgenden Beispiel:

Übersetzung
Übersetzung – Neuvecelle, Frankreich

Maskenpflicht und Corona

Wegen der ganzen Covid-19-Situation haben wir uns nicht allzuweit aus dem Haus gewagt. Unterwegs ist gar nicht so einfach herauszufinden, wo welche Regeln gelten und trotzdem haben wir uns natürlich daran gehalten. In gewissen Kantonen und Frankreich gilt ja Maskenpflicht in Ladenlokalen und Restaurants. Im Kanton Genf genau ab dem Tag, an dem wir dort eintrafen (hat aber kaum mit uns zu tun). Wenn es heiss ist oder wir verschwitzt sind vom Tag, dann ist die Maske im Gesicht natürlich etwas unangenehm und wird schnell feucht. Auf den Campingplätzen wurde die Maskenpflicht (in Sanitäranlagen und Innenräumen Pflicht) von praktisch allen Leuten umgesetzt, in Restaurants haben wir einige Nasen des Servierpersonals gesehen, die man eigentlich nicht hätte sehen dürfen.

Die Maskenpflicht hat aber auch Vorteile. Z. B. kommen am Morgen auf dem Camping die Augenringe der Leute viel besser zur Geltung. Anderseits fehlt natürlich das Lächeln, aber schaut euch mal um, das ist leider auch ohne Maske nicht immer zu sehen. Oder anders formuliert: Lächelt andere an, wenn ihr keine Maske trägt! In Frankreich wurde jetzt als Sofortmassnahme das Lächeln auf Strassenlaternen gemalt.

bemalte Strassenlaterne
bemalte Strassenlaterne – Châtelblanc, Frankreich

Tiere

Ausgerechnet die tierliebende Merita sammelte einige Tierbegegnungen:

  • In einer Abfahrt sprang ein Reh vor Meritas Velo. Es war so knapp, dass ich von hinten nicht erkennen konnte, ob das Reh vor oder hinter Meritas Velo die Strasse überquerte. Der Pulsschlag des Rehs konnte ich nicht in Erfahrung bringen, aber derjenige von Merita war ziemlich erhöht.
  • Ebenfalls in einer Abfahrt machten wir einen Halt und besprachen den weiteren Verlauf der Route. Dann fuhren wir wieder los. In der Annahme, Merita sei mir auf den Fersen, hielt ich erst im nächsten Dorf an, um Wasser aufzufüllen. Die vermeintliche Merita im Rückspiegel entpuppte sich als andere Velofahrerin, während die echte ausblieb. Ich musste also in der sengenden Hitze warten, weil Merita offenbar beim letzten Stopp in einem Haufen roter Ameisen stand. Die Rache der kleinen roten Biester liess Merita ihr Velo und die Sandale in die Wiese werfen und eine Art Tanz aufzuführen, den ich aber leider verpasste. (Anmerkung Merita: Die Ameisenbisse auf dem Fuss sind immer noch sichtbar und jucken immer noch!)
  • Eine weitere Begegnung war nur mit einem Tier im übertragenen Sinn. Es war ein …. (passendes Tier einsetzen), der überholen wollte, wo man nicht sollte, weil man nicht hinter die Kurve sieht. Merita hat mitsamt Velo geistesgegenwärtig die Strasse in die Wiese verlassen und es gibt nun vier schwarze Bremsstriche auf der Strasse.

Passieren kann immer etwas, auch zuhause. Wir versuchen stets, uns vorausschauend und eher defensiv zu verhalten, werden aber immer wieder auch vor Unfällen bewahrt!

Gang rüef de Bruune...
Gang rüef de Bruune… – La Côte-aux-Fées, Schweiz

Rollende Planung

Die diesjährige Route war nur ungefähr klar und unterwegs verwarfen wir die Zwischenziele immer wieder. Insgesamt haben wir aber eine schöne Strecke gefunden. Einzelne Planungsfehler (z. B. folgendes Bild) bestätigen die Regel 😀.

falsche Planung - Bikeweg
falsche Planung – Bikeweg – Prémanon, Frankreich

Der “Heimweg” aus dem Jura

Mit einer Schlaufe erreichten wir nach dem Jura die Stadt Genf. Da trafen wir Marco, der uns drei Tage bis nach Bern begleitete, was wiederum ein sehr schönes gemeinschaftliches Unterwegssein war.

Der Schedoooh
Der Schedoooh – Genève, Schweiz

Auf der französischen Seite genossen wir die Ferienatmosphäre, mit Stränden, wie fast am Meer, mit Glacé und feinem französischen Essen. In Vevey machten wir einige Höhenmeter mit dem Funiculaire und eroberten dann das fribourgische Hochland. Es war auch sehr warm, so dass wir in Bern ein Hotel mit Klimaanlage gesucht (und in Muri gefunden) haben.

Von Bern aus wollten wir dann Richtung heimwärts radeln und irgendwo noch einmal übernachten. Nun, was soll ich sagen, irgendwann hatten wir die Idee, gerade ganz bis nach Hause zu fahren. So ergab sich die letzte Monsteretappe mit über 160 km. Mit dem Feuerwerk überall am Himmel hatten wir nach dem Eindunkeln auch noch Unterhaltung am Wegrand.

Blick nach Zürich mit Mond und Feuerwerk
Blick nach Zürich mit Mond und Feuerwerk – Watt, Schweiz
So war jeweils unser Hunger am Abend!

Danke fürs Begleiten!

wir zwei
wir zwei – ,

Karte der einzelnen Etappen

Jede Tagesetappe ist entweder dunkel- oder hellblau. Mit einem Klick auf die Tagesetappe erscheinen weitere Details über Start-/Zielort und die Länge.