Fingerzeige Gottes?

Wir sind immer wieder mal freudig überrascht, wie sich Unklarheiten, Sorgen, Problemchen klären oder wir einfach unverdient beschenkt werden. An ein paar Episoden aus dem “Danke-Tagebuch” möchten wir euch gerne  teilhaben lassen.

Am Bahnhof Philadelphia nachts um ca. 22 h. Wir warten auf den Zug (Abfahrt 00.15 h). Wir fragen uns, wie wir die Velos aufs Perron eine Stock tiefer bringen und herausfinden, wo im Zug wir sie einladen können (wir finden nur eine Rolltreppe, auf der jegliche Gefährte verboten sind. Zudem scheinen die Kontrollleute dort, ziemliche “Räfs” zu sein). Dann kommt doch tatsächlich ein Zugsangestellter auf uns zu und fragt uns, auf welchen Zug wir wollen. Er verspricht uns, uns mit unseren Velos rechtzeitig abzuholen und zum Zug zu bringen. Er hält sein Versprechen und alles klappt wunderbar. (Ausser dass der Wagen mit den Velostellplätzen fehlt und im Zug erst nach New York 2 Sitzplätze im selben Wagen frei sind – aber das ist nicht seine Schuld.)

In Boston haben wir einen Morgen lang Zeit, bis der nächste Zug fährt. Mit Gipfeli und Cappucino starten wir in den Tag. Ich realisiere erst beim Zmörgelen in nahe gelegenen Park, dass der bezahlte Preis unmöglich stimmen kann. Ich habe nur 1 Cappucino bezahlt … Nach etwas hin und her diskutieren gehe ich zurück ins Café und will den Cappu nachzahlen. Der Barrista bedankt sich für die Ehrlichkeit, lacht und sagt “Den schenk ich dir.” Und weil die Gipfeli so fein sind, bestelle ich noch eines und bekomme auch dieses geschenkt;-)

In North Waldoboro dürfen wir bei John und Susan übernachten. Freunde des französischen Paares, die mit uns auf dem Schiff waren. Es ist ein wunderschön gelegenes, grosszügiges Haus, wir bekommen das Turmzimmer mit Aussicht und ein feines Nachtessen. Unsere Gastgeber sind sehr interessierte, nette, unkomplizierte Leute und wir haben einen schönen Abend zusammen. Aurélie und Jean-Charles (unsere Mitschaukler vom Schiff), sowie sein Bruder Tanguy (er wohnt in Montréal und sie treffen sich hier) sind auch dabei. Jean-Charles’ Plan ist, dass Tanguy uns alle inkl. unseren Velos nach Bar Harbor bringt. Dies hat er uns von sich aus schon auf dem Schiff angeboten! Leider hat Tanguy aber nicht seinen grossen Van dabei, da dieser defekt ist. Er ist mit einem Mietauto hier, einem gewöhnlichen PW. Wir brauchen also einen Veloständer. John kennt niemanden, der uns einen ausleihen könnte und hat auch sonst keine Idee. Nach dem Morgenessen kommt er jedoch plötzlich und sagt, er habe im Sportgeschäft in Camden angerufen, sie vermieten Bikeracks. Nach dem Mittag sind wir bereits mit Sack und Pack zu fünft unterwegs Richtung Norden! Endlich kommt unser Wunsch-Startort in Sichtweite! Unser Plan mit Bus, hätte sowieso nicht geklappt.

Haus mit Turmzimmer
Haus mit Turmzimmer – Waldoboro, Vereinigte Staaten

Übernachten in Bar Harbor/Acadia National Park: Obwohl wir mehrmals gewarnt wurden, die Unterkünfte dort seien immer sehr voll (Hochsaison, beliebt bei Touristen), bekommen wir einen Platz auf dem ersten angepeilten Camping. Als wir vom Nachtessen mit unseren Freunden zurückkommen, hat es ein Schild draussen “no vacancy”.

In Searsport kommen wir spät auf dem Camping an, weil wir (bzw. Stephan;-)) unterwegs noch einen Platten an meinem Hinterrad flicken müssen.

Hinterrad flicken

Es ist leicht regnerisch. Die Receptionistin will uns den günstigeren Platz für 56$ geben! Wohl aufgrund unseres wohl leicht ungläubigen Gesichtsausdrucks, schlägt sie uns den Gruppenplatz vor, der leer sei – ganz am Rand des Campings und etwa halb so teuer. Wir nehmen dankend an. Es steht dort auch ein grosses Zelt mit Tischen, wir stellen unser Zelt darunter, was sich im Nachhinein als gute Idee herausstellt: die ganze Nacht und am Morgen regnet es, unser Zelt bleibt trocken;-) Auch zum Zusammenpacken unserer Siebensachen geht es unter dem grossem Zelt viel einfacher.

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Heute, kurz vor Portsmouth in einem Aufstieg überholen uns zwei Rennvelo-Fahrer, Vater mit erwachsener Tochter. Er sagt etwas im Sinne von: “Ich werde mich nie mehr beklagen, wenn es bergauf geht. Ihr macht das mit all dem Gepäck, Hut ab.” Er fragt noch, woher wir seien und wir antworten wie üblich “From Switzerland.” Darauf erklärt er etwas von Skifahren und Trainer und Schweiz, wir verstehen nicht alles so genau. Er beschleunigt dann, um seine Tochter wieder einzuholen. Wir fahren in unserem Schneckentempo weiter;-) Etwas später halten wir an einer Kreuzung, um zu entscheiden, welchen Weg wir nehmen. Dann sehen wir ihn plötzlich auf uns zu fahren. Er ist umgekehrt, um uns zu fragen, ob wir noch einen Übernachtungsort bräuchten. Er würde uns gern sein Gästezimmer und -bad anbieten. Er hat in seiner Zeit als Ski-Trainer eng mit einem Schweizer Ski-Trainer, Hans Jäger, zusammengearbeitet und sehr gute Erinnerungen an die Schweiz. Mit seiner Mannschaft hat er in Zermatt, Lenzerheide, Flumserberg trainiert … Auch wenn wir eigentlich noch etwa 20 – 30 km weiter hätten fahren wollen, willigen wir sehr gern und dankbar ein. Wieder einmal ein richtiges Bett ist verlockend;-) Er geht dann am Abend noch in sein Wochenendhaus 2 h von da, aber wir dürfen einfach seine grosse Wohnung benutzen. Was für ein Vertrauen. Unser einziger “Vertrauens-Ausweis” ist, dass wir aus der Schweiz sind;-)

Auch kleinere Begegnungen sind nett. Auf dem Gipfel des Mount Cadillac hat uns ein Herr gesucht und ist uns nach gelaufen, weil er uns beim Aufstieg gesehen hatte und unbedingt wissen wollte, was wir machen und woher wir kommen. Oder derjenige der auf dem Zeltplatz uns ausfragt, total begeistert von dannen zieht und nur wenige Minuten später eine Kinderschar uns eine gute und sichere Reise nach Florida wünscht. Mindestens jeden Tag einmal werden wir gefragt, woher wir kommen, was wir vorhaben, wer wir sind etc. Dann kommt uns oft grosse Begeisterung entgegen: That’s so cool! Amazing! Awesome! Wow, what a great project you have! und so ähnlich tönt es. Wer schon in den USA war, kennt das vielleicht;-)  Uns motivieren diese Begegnungen sehr und sie erinnern uns auch immer wieder daran, was für ein Vorrecht und Geschenk diese Ferien sind!