Nach Zaragoza verlassen wir das Ebro-Tal und steigen in eine Hochebene auf, die gemäss Beschreibung wenig Zivilisation und wüstenähnliche Gegenden zu bieten hat. Im Sommer sei es zudem sehr heiss, aber der hat ja schon das Feld geräumt. Gegen den Schluss komme dann aber eine Früchtekammer Kataloniens. So fahren wir gespannt zur Prüfung dieser Sachverhalte los …
Tag 6: Alleine in der Einsamkeit
Zaragoza verabschiedet uns nochmals von der schönen Seite. Wir überqueren die Steinbrücke, die ein bisschen an die Karlsbrücke in Prag erinnert (mit weniger Touristen und ohne Händler, weil auch noch Busse die Brücke nutzen).

Vor dem Aufstieg merke ich meine Verspannung in den Schultern wieder und halte bei einer Apotheke meinen bepackten Esel und erkläre mit meinem Spanisch, theatralisch untermalt, den Sachverhalt. Ich kriege etwas Mitleid, eine natürliche Salbe mit Hanf, die ich aber weder rauchen noch einnehmen, sondern nur einreiben soll. Ich fahre weiter und überlege mir, was ich wohl für einen Eindruck gemacht habe in diesem Laden. Der Aufstieg findet dann tatsächlich statt und auch ohne Sommer bin ich bald in den kürzest mitgeführten Kleidern unterwegs. Und trotz guter Strasse bin ich sehr alleine. Ein Strassenkontrolleur im gelben Wagen überholt mich, kommt mir später wieder entgegen und überholt mich am Nachmittag noch einmal. Wir winken uns, ich glaube, wir sind jetzt Freunde. Die Landschaft ist eindrücklich trocken, ich mache viele Fotos, um Pausen zu haben weil es so schön ist. Aber seht selbst einige Eindrücke:








In Farlete möchte ich Mittagspause machen. Das Dorf taucht plötzlich in der Steppe und fast ein bisschen wie im wilden Westen auf. Wasserstelle gibt es keine, aber dafür einen kleinen Saloon Laden und ich denke, die Leute sind sicher sehr froh, dass es diesen und auch einen Bankomaten gibt.

Um das Nachtlager habe ich mich bereits am Morgen gekümmert. Da ich online nur gähnende Übernachtungswüste fand, habe ich in einem Hostel angerufen und mit meinem Spanisch in Bujaraloz ein Bett reserviert, direkt an der Nationalstrasse 2. Als ich eintreffe, findet sich meine Reservation tatsächlich in ihrem Buch. Mein Zimmer ist neu renoviert, hat gute Fenster und ist deshalb schön ruhig, auch wenn ich die haltenden Lastwagen im ersten Stock fast streichen könnte. Das Restaurant im Parterre ist ein 24-Stunden-warme-Küche-für-Fernfahrer Betrieb. Um 4.00 Uhr geht in meinem Zimmer der Strom aus. Ich merke dies an der Tatsache, dass das Notlicht angeht. Schon mal wach, höre ich draussen vor meinem Fenster einen Saumais. Mit kleinen Äugli erspähe ich einen mehrstöckigen Schweinetransporter (mit lautstark protestierenden Tieren), ein Auto von Guardia Civil und eine Ambulanz. Sofort versuche ich, mit dem schon vorhandenen Verstand die Ereignisse zu kombinieren. Bin ich etwa in Gefahr?! Bis auf mein Stromausfall sind aber alles voneinander unabhängige normale Vorgänge an diesem Ort. Deshalb hört diese Story hier unspannend auf und ich ergänze meinen Schlaf mit einer Verlängerung.


Tag 7: Unebene Strecke mit Bonustrack
Abgelegen heisst eben auch, wenige Strassen zur Verfügung zu haben. Die Strecke führt heute entlang der Nationalstrasse mit unterschiedlichen Abständen. Die Abfahrt zum Schluss von gestern muss heute wieder korrigiert werden. Ich entscheide mich am Morgen, für den Abend auf eine Unterkunft Fraga zu pokern. Es müsste dort vier Übernachtungsmöglichkeiten geben, gemäss meinen zuverlässigen Recherchen.
Die Strecke ist sehr holprig, manchmal zu weich, manchmal zu steinig und gefühlt immer etwas aufwärts. Ich würde gerne schimpfen, aber es hört ausser Peddalington niemand zu. Und der knurrt eh nur vor sich her, “ich sei selber schuld” und “ich soll doch bitte sorgfältiger fahren”. So sieht es unterwegs aus:






Auch heute nicht viel los mit Interaktionen. Ich beschliesse zumindest am höchsten Punkt, als Belohnung mir an der Tankstelle etwas zu leisten. Aber die ist nicht mehr da, keine Spur von Geschäftsleiter Vater Morgana. Dann doch noch Lebewesen: Auf einem Hügel sitzen vier Hasen. Gerne hätte ich euch die gezeigt, aber nach 10 Minuten, mit Fotoapparat im Anschlag, kann ich nur die Rabbit Holes zeigen:

Ich überlege mir noch ganz kurz, ob ich den gefunden Ersatzpneu einpacken soll, in dieser abgelegenen Gegend:

Fraga mein vermeintliches Ziel liegt wieder im Tal, rund 200 m tiefer und wer jetzt an eine Schussabfahrt denkt, liegt ähnlich falsch, wie ich auch, wie das Bild zeigt. Hier treffe ich sogar auf einen Wanderer, der mich mutig findet und sogar seine Schuhe ausgezogen hat.


In Fraga suche ich die möglichen Gästehäuser, doch leider 1x nicht existent, 3 x voll. Hmm.

Beim zweiten B&B hat der Besitzer Erbarmen mit mir. Er rufe für mich beim dritten Guesthouse an, da er besser Spanisch spreche als ich (hat der mich gerade beleidigt?). Damit hat er zwar keinen Erfolg, diskutiert aber mit dem anderen, wo ich jetzt gegen Ende des Tages noch unterkommen könnte. Dann klappert er in immer grösserem Radius irgendwelche Möglichkeiten telefonisch ab. Bei jedem Telefon preist er mich als weitgereisten Pilger auf dem Velo an, dem man jetzt doch helfen müsse. Er wird fündig und hängt auf, er rufe wieder an. Er bespricht mit mir die Lage, ich willige zu den 23 km in eine falsche Richtung ein und er bestätigt dort, dass der Stephan in einer Stunde dort sein wird. Sehr nett, aber ich habe ein bepacktes Velo, kein Flugzeug. Ich bedanke mich artig, streiche die Pause und fahre los. Unterwegs wird mein Weg noch in eine Baustelle verwickelt, sodass ich dann doch auch noch anrufe und meine Stunde verlängere. Müde und froh erreiche ich die gute Unterkunft in Mequinenza am Rio Segre. Den 3-gängigen Handwerkerznacht für 15 € mit Getränk inhaliere ich instant.


Tag 8: Bessere, aber nicht immer erlaubte Wege
Dieses Dorf Mequinenza ist ein Retortendorf. Weil Ebro und Segre gestaut wurden, hat man in den 60er-Jahren das alte Dorf abgebrochen und am jetzigen Standort wieder aufgebaut. Viele Leute zogen aber nicht ins neue Dorf, sondern in die grossen Städte. Ich schaue mir noch kurz die “Altstadt” an, bevor ich losfahre:



Im Tal des Segre Richtung Lleida gibt es viele Plantagen. Viele davon Pfirsiche, die im Frühjahr wunderschön blühen würden (hab ich natürlich verpasst). Es funktioniert nur mit Bewässerung und im Tal hat es deshalb viele Bewässerungskanäle. Eine Fahrradroute in meinem Navi führt einem solchen entlang. Plötzlich eine Tafel:

Was habe ich aber für ein Glück, dass mein Name ins Spanische übersetzt “Autorizados” heisst. Der Umweg wäre nämlich mühsam gewesen.
Nach einem kurzen Stück erreiche ich ein Naturschutzgebiet mit einem Infozentrum. Mit der Frau dort habe ich ein interessantes und lustiges Gespräch, begonnen mit “Woher kommst du denn gerade?” “Ähm von da dem Kanal.” über die Tiere im Gebiet, mögliche Wege für mich, ein wenig Katalan-Unterricht, z. B. “fins aviat” (bis bald) usw. Sie nimmt sich viel Zeit mich, obwohl sie bereits am Vortag einen Touristen zu Besuch hatte. Später überholt sich mich in einem Dorf mit dem Auto, hupt und winkt.






Durch weitere Plantagen führt mich mein Weg in die Stadt Lleida, einem weiteren Etappenort. Es gibt auch Plantagen für Trockenfrüchte, habt ihr das gewusst? Schaut hier:


In Lleida habe ich glücklicherweise ein Zimmer in einem B&B ergattert, das nur gerade an diesem Tag verfügbar war. Mit Dachterrasse und Liegestühlen! Die Stadt ist auch sonst ein guter Etappenzielort:






Kartenausschnitt
Hier die einzelnen Tagesetappen in einer Gesamtübersicht zum Zoomen:
Videos der Routen
Wer gerne einzelne Tage als Überflug anschauen möchte, hier die Etappen zu diesem Beitrag:


