Weitere motivierende Begegnungen

Es ist immer noch so, dass wir täglich erfreuliche Begegnungen mit Menschen haben, die uns total motivieren! Wir müssen bald aufpassen, dass es uns nicht in den Kopf steigt 😉 Die Aufmerksamkeit sind wir uns auf jeden Fall nicht gewohnt und wir suchen sie auch nicht. Es fühlt sich ein bisschen so an, als wären wir eine fahrende Zirkusattraktion.

Fahr away ...
Fahr away … – Coventry, Vereinigte Staaten

Hier eine Auswahl von Geschichten:

Mittagessen mit Tess und Steven

In Portsmouth besuchen wir am Sonntagmorgen einen Gottesdienst, unweit unserer Unterkunft. Wir setzen uns zu einem Ehepaar etwa in unserem Alter. Schnell kommen wir mit den beiden – Tess und Steven – ins Gespräch. Nach dem Gottesdienst fragt Tess spontan, ob wir mit ihnen Mittagessen kommen. Wir sagen erfreut zu und sie führen uns in ein feines Imbiss-Restaurant gleich um die Ecke und laden uns zum Essen ein – wir können nicht anders als die Einladung dankbar anzunehmen. Beim Essen führen wir interessante Gespräche über das Leben hier, bei uns und generell das Weltgeschehen. Bevor wir uns verabschieden tauschen wir noch unsere Adressen aus und geben ihnen die Adresse zu diesem Blog an. Ein paar Tage später schreibt Tess, sie habe mit Hilfe von Google Translate und etwas Kreativität unseren Blog gelesen und sich gefreut über all unsere Erlebnisse 😉

Hostel in Providence

Nach einer Fahrt im tropisch warmen Regen (erst etwa das zweite Mal dass es regnet!) kommen wir in Providence ziemlich nass im Hostel an (weil es zu warm ist für die komplette Regenkleidermontur). Die “Receptionistin” fragt, woher wir kommen und wir stellen freudig fest, dass wir aus dem selben Land sind. Sie freut sich, endlich einmal Schweizer Gäste zu haben und etwas Schweizerdeutsch reden zu können. Und wir haben bisher auch erst einmal Schweizer getroffen und freuen uns deshalb ebenso, eine echte Schweizerin zu treffen. Sie arbeitet für einen Monat in diesem Hostel im Rahmen ihres Zwischenjahres nach der Matur.

Nebel
tropisch heiss/feucht mit Nebel – Prvidence

Fragen über Fragen

Kurz vor Hartford essen wir in einer Dairy-Queen-Filiale ein Glacé. Dabei werden wir von verschiedenen Leuten angesprochen, die alle genaustens wissen wollten, was wir vorhaben. Eine geraume Zeit sind wir beide mit verschiedenen immer wieder wechselnden Leuten in Interviews verstrickt. Von allen kommt so viel Bewunderung, Interesse an den Velos etc. Wir kommen fast nicht mehr weg, weil immer wieder jemand auf uns zukommt. Eine Auswahl der Fragen und kursiv unsere Antworten dazu (falls es euch auch interessiert):

  • Woher kommt ihr? Aus der Schweiz, von Bar Harbor in Maine oder vom letzten Übernachtungsort (je nach dem etwas unscharfe Frage)
  • Bis wohin fahrt ihr? Unser Ziel ist Key West in Florida
  • Wie lange dauert eure Reise? ca. 2,,5 Monate (oder ein halbes Jahr, je nach dem wie weit wir unsere Geschichte erzählen [wollen])
  • Wie viele Meilen fährt ihr pro Tag? Ca. 50 Meilen (ca. 80 km)
  • Habt ihr ein Begleitauto? Nein (sonst hätten wir weniger Gepäck)
  • Fährt ihr auch in der Nacht? Nein, üblicherweise nur am Tag (obwohl wir unüblicherweise Licht haben am Velo)
  • Habt ihr die Unterkünfte vorausgeplant und -gebucht? Nein, im Normalfall leben wir von Tag zu Tag oder etwas darüber hinaus
  • Was habt ihr für Jobs, dass ihr solange Ferien habt? Wir sind pensioniert (kleiner Scherz, aber manchmal sehen wir wahrscheinlich genügend alt aus)
  • Fährt ihr auf der Autobahn oder den Haupstrassen, um schneller vorwärts zu kommen? Wir versuchen eigentlich kleinere Strassen oder Velowege zu finden und bevorzugen diese
  • Wie seid ihr mit euren Velos in die USA gereist? Wenn wir hier vom Frachtschiff erzählen, geht häufig ein neuer Frage-/Erzählstrang auf 🙂
  • Gefällt es euch in den USA, sind die Leute nett zu euch? Ja und ja, wir machen fast ausschliesslich gute Erfahrungen. Das scheint vielen eine wirklich wichtige Frage zu sein.
  • Bei Velosachkundigen gibt es natürlich noch einen Strauss von Fragen zur Technik.

Abendessen zum Ersten

In Hartford essen wir in einer kleinen Pizzeria Znacht. Es stellt sich heraus, dass die Pizzaiolos zwei Auswanderer aus Albanien sind. Sie haben mega Freude, dass wir aus Europa kommen. Ganz aufgeregt zeigen sie uns ein Foto ihrer Cousine, die in der Schweiz lebt (in Vallorbe). Am Schluss schenken sie uns ein Stück Kuchen und zwei Wasserfläschli für unseren weiteren Weg.

Abendessen zum Zweiten

In New Haven sind wir mangels Zeltplatz in einem Motel und müssen deshalb eine Möglichkeit zum Znachtessen finden. Vor einem italienischen Restaurant stehen wir übelegend, ob wir da essen sollen. Ein Mann, der vor der Türe sitzt, hilft uns entscheiden (er stellt sich später als der Besitzer heraus ;-)) Er kommt aus Rom uns ist in den Sechzigerjahren als Zehnjähriger mit seinen Eltern eingewandert. Er ist sehr herzlich zu uns und freut sich, dass wir aus der Schweiz kommen. Unsere Reisepläne findet auch er “amazing”. Am Schluss schenkt er uns den Kafi und ein Tiramisù (das einfach serviert wird, ohne dass wir es bestellen;-)). Bevor wir zurück ins Hotel gehen reden wir lange mit ihm und schliesslich zeigt er uns noch eine Abkürzung zum Hotel. Er hat zweimal versucht, nach Italien zurückzugehen und wieder dort zu leben, aber das klappte nicht. Er fühlte sich zu fremd dort. Und hier fühlt er sich auch nicht voll daheim. Er beschreibt es als zwischen den Welten zu leben, nirgends ganz daheim zu sein.  Er verabschiedet sich herzlich und bedankt sich für das schöne Gespräch mit “Nachbarn”.

Unterwegs

Manchmal werden wir aus dem fahrenden Auto angesprochen und ausgefragt. Das kann dann schon ein bisschen stressig sein, wenn die Strasse vierspurig ist und man gerade versucht auf die Abzweigerspur ganz links zu wechseln. In Bridgeport als wir auf die Fähre nach Long Island warten, spricht uns eine Frau an und entschuldigt sich, dass sie uns stört. Aber sie stört uns gar nicht, da wir ja nur am Warten sind;-) Die übliche Fragen, unsere üblichen Erklärungen. Die übliche Reaktion von “You are amazing!” wird dieses Mal noch gesteigert durch “You made my day!” und “Ich werde das gleich auf Facebook posten. Und nächste Woche, wenn die Schule wieder beginnt, erzähle ich eure Geschichte meinen Schülern als Inpiration.” Wir machen doch einfach eine Velotour!?

Fähre Bridgeport-Long Island mit Velos

Eisiger Kaffee

Unterwegs auf Long Island stehen wir in St. James am Bahnübergang vor geschlossener Barriere und kommen mit einer Frau auf dem Velo ins Gespräch. Auch hier kommt uns wieder grosses Interesse und Staunen entgegen. Wir fragen sie, ob sie von hier sei, was sie bejaht. Wir reden noch über die Hitze des Tages, sie weist uns auf die kühle Brise hin und empfiehlt uns die Bäckerei gegenüber für einen Kafihalt. Dann öffnet sich die Barriere und wir verabschieden uns. Wir haben bereits entschieden, den Tipp zu befolgen und biegen zur Bäckerei ab. Ich hole zwei Iced Coffee und einen kleinen Snack und als ich bezahlen will, bekomme ich von der Verkäuferin zu hören: “Ihr habt doch vorhin am Bahnübergang mit einer Frau gesprochen. Euer Einkauf geht auf ihre Rechnung. Sie hat soeben angerufen und das eingefädelt. Und was, ihr wollt bis nach Florida fahren? Amazing! Viel Glück und eine behütete Reise wünsche ich euch!” Ich bringe fast den Mund nicht mehr zu! Was für eine herzliche Geste dieser Frau! Wie haben wir das nur verdient?

Imbiss am Schatten
Imbiss am Schatten – Willimantic, Vereinigte Staaten

Campingplatz

Und noch eine letzte Geschichte: Auf dem Camping auf Long Island sind wir erst um 17.30 h angekommen. Die Récéption war bereits geschlossen (es ist ein städtischer Camping). Wir nehmen einfach einen freien Platz im Zeltbereich und wollen uns dann am Morgen registrieren und bezahlen. Als wir am Morgen noch am Zusammenpacken sind, fährt ein Auto auf unseren Platz. Eine Frau fragt aus dem Auto, ob wir eine Registrierung hätten. Wir erklären den Sachverhalt. Sie sagt, wir müssen noch bezahlen und uns registrieren gehen und nächstes Mal bitte vorgängig telefonisch reservieren, wenn wir so spät ankommen. Sie erscheint uns nicht sonderlich freundlich. Der Mann am Steuer will noch wissen, wo wir herkommen und was unser Ziel sei. Einmal mehr sind dann zwei Leute beeindruckt von dem, was wir vorhaben … Das Auto fährt weg, nur um wenige Minuten später wieder zurückzukehren. Wieder spricht die Frau aus dem offenen Fenster: “Ihr müsst euch nicht registrieren und auch nicht bezahlen gehen. Eure Übernachtung geht auf Kosten des Hauses.” Und einmal mehr sind wir freudig überrascht und können es kaum glauben. Knapp bleibt uns Zeit uns zu bedanken und weg sind sie …